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Yosemite National Park: Yosemite Falls, Vernal Fall, Nevada Fall Sonntag, 20.08.2000 Nach Fruchtmüsli bzw. Omelette zum Frühstück im Bug Hostel fahren wir über die 140 in den Yosemite Park. Auf einem großen zentralen Parkplatz stellen wir das Auto ab, da man alle interessanten Punkte im Yosemite Valley am besten mit den kostenlosen Shuttle-Bussen erreichen kann, die im Viertelstundentakt verkehren - eine sinnvolle Einrichtung, denn schon früh laufen überall Besucher mit mehr oder weniger professioneller Foto-, Camping- und Trekkingausrüstung herum. Als erstes wandern wir zu den Lower Yosemite Falls, der unteren Fallstufe des Yosemite Creek. Nach wenigen Schritten sehen wir jedoch, dass der Wasserfall trocken liegt - es ist ein "Seasonal Waterfall", wie uns eine Tafel informiert: Im Frühjahr und Herbst rauscht hier ein imposanter Wasserstrom über die Kante, im Winter ist der Fall gefroren, im Sommer läuft kaum bis gar kein Wasser den Berg herunter. Nach der ersten kurzen Enttäuschung wandern wir trotzdem weiter, bis wir das ausgetrocknete Flussbett erreichen. Über das Chaos kleiner und übermannsgroßer Felsbrocken klettern wir bis direkt in den Kessel, in den der Wasserfall normalerweise stürzt. Hier sehen wir, dass doch ein dünner Wasserschleier von der Kante herabrieselt, der sich vor uns in einem grün-blauen Pool sammelt. Hoch über uns können wir gerade noch die Kante der oberen Fallstufe erkennen. Die eigentlich geplante Wanderung zum Columbia Rock, von der man die beiden Stufen besser sehen können soll, sparen wir uns, da der Wasserfall ohne Wasser nicht sooo spektakulär ist. Stattdessen beschließen wir, unsere zweite Wanderung zum Vernal Fall und Nevada Fall weiter auszudehnen. Nach dem Burger-Mittagessen im Valley fahren wir mit dem Bus zur Haltestelle "Happy Isles" auf 1230 m Höhe. Hier beginnt der John Muir Trail, der quer durch den Park führt. Auf ihm wandern wir nördlich des Merced Rivers stromaufwärts los. Der meist ansteigende Pfad ist sehr abwechslungsreich: Wir laufen durch Wald, über Felshänge, hoch über dem Fluß, direkt neben ihm... Ständig öffnen sich neue Blickwinkel ins Tal hinein, immer wieder halten wir, um Details am Wegesrand zu fotografieren bzw. filmen. Nach einem guten Kilometer überqueren wir den Merced. Kurz darauf zweigt vom John Muir Trail der Mist Trail ab. Ihm folgen wir Richtung Vernal Fall. Nach rund 500 Metern Wanderung durch ein Waldgebiet wird in der Entfernung plötzlich das obere Drittel eines hohen, breiten Wasserfalls sichtbar: die Kante des Vernal Falls in 1538 m Höhe. Auch ihm ist anzusehen, dass er zu anderen Jahreszeiten deutlich mehr Wasser führt, aber auch jetzt ist der Wasserschleier eine beeindruckende Erscheinung. Auf einer schier endlosen, in den Fels gehauenen Treppe steigen wir immer höher und näher an den Wasserfall heran. Etwa auf halber Höhe rasten wir - vor uns das faszinierende Bild des gesamten Vernal Falls von der breiten Kante, von der der Wasserschleier wie in Zeitlupe herabstürzt, über die Felsen, auf denen er tosend aufschlägt, bis hinunter in das grün-blau schimmernde Becken, wo das Wasser wieder zur Ruhe kommt. In der weißen Gischt bildet sich ein leuchtender Regenbogen, der quer über das gesamte Wasserbecken reicht. Die Größenrelationen werden uns erst richtig bewusst, als wir auf großen Findlingen am Abfluss des Beckens die winzig scheinenden Leute sehen, die dort baden und sich sonnen. Das nächste Stück wird das anstrengendste der gesamten Wanderung: Auf einer extrem steilen, vor lauter Sand recht rutschigen Felstreppe steigen wir bis zur Kante des Wasserfalls empor. Hier sehen wir buchstäblich zum Greifen nahe, wie sich der zunächst glatt strömende Fluss beim Fall über die Kante zu einem breiten Schleier einzelner Tropfen auffächert. Auf unserem Weg stromaufwärts verändert der Merced jetzt immer wieder sein Gesicht: Nach dem Delta kleiner, durch Felsblöcke getrennter Flussarme direkt vor dem Wasserfall sehen wir ihn zunächst als blauen See in einer flachen Felssenke, die von vielen Wanderern zum Baden genutzt wird. Dieser "Emerald Pool" wird gespeist vom "Silver Apron", einer breiten, glattgeschliffenen schiefen Ebene, über die der Fluss in einem relativ dünnen Film gleitet. Auf diese "Rutschbahn" wiederum gelangt der Fluss in schäumenden Kaskaden durch einen schmalen, mit Felsbrocken durchsetzten kleinen Canyon, den wir auf einer Holzbrücke überqueren. Wieder gelangen wir in ein Waldgebiet, in dem wir von Ferne schon das Rauschen eines großen Wasserfalls hören können. Von einer Lichtung am Fluss aus sehen wir dann den Nevada Fall: Ein Wasserfall so breit wie der Vernal Fall, aber deutlich höher, der nicht frei herunterstürzt, sondern fast senkrecht über eine Reihe von Stufen springt und sich dabei von der engen Kante aus immer weiter auffächert. Wir folgen dem Waldweg, bis wir fast auf einer Höhe mit dem Auffangbecken des Wasserfalls sind, dann verlassen wir den Pfad, der zur Kante auf 1801 m Höhe hinaufführt, und schlagen uns durch den Wald zum Fluss durch. Auch der Nevada Fall führt zu dieser Jahreszeit relativ wenig Wasser, sodass unsere Hälfte des Flussbetts ausgetrocknet ist. Auf den riesigen Felsblöcken klettern wir fast bis unmittelbar an den Wasserfall heran, der hoch über uns entspringt und die letzen paar Dutzend Meter auf einer knapp 80° steilen, breiten Rutschbahn zurücklegt. Das Tosen der stürzenden Wassermassen ist ohrenbetäubend, und immer wieder reißt der Wind Gischtwolken aus dem Schleier, die wie eine kalte Dusche auf uns niedergehen. Ein kleines Stück weiter flussabwärts rasten wir auf den sonnenbeschienenen Felsen und lassen die Füße ins klare Wasser hängen - länger als ein paar Sekunden halten wir das aufgrund der eisigen Temperatur jedoch nicht aus. Da zwischen Vernal Fall und Nevada Fall etwa ein Kilometer liegt, verirrt sich kaum noch ein Wanderer hierher. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen; wir haben den Wasserfall für uns: ein tolles Erlebnis nach den endlosen Besuchertreks, sich bis zum Emerald Pool hinzogen. Schließlich reißen wir uns vom Nevada Fall los und machen uns auf den Rückweg. Den Vernal Fall erreichen wir schnell wieder, doch der Weg bis zu unserem Ausgangspunkt im Yosemite Valley ist nochmal ziemlich anstrengend, weil die Knie auf dem ständig recht steil abwärts führenden Pfad stark belastet werden. Wir sind froh, als wir unser Auto mit dem wartenden Getränkevorrat und den bequemen Schuhen wieder erreichen. Ziemlich platt, aber erfüllt von den tollen Eindrücken des Tages kehren wir abends in die Jugendherberge zurück. < 19.08.2000 | 21.08.2000 > |
© 2000 Matthias Book (Text), Nils Grunwald (Fotos) |